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Ein Lesekreis in diesem Wintersemester

HARP-Lesekreis WiSe 2014/15

 

Friedrich Nietzsche: Jenseits von Gut und Böse

und

Zur Genealogie der Moral

– Zur Kritik der Psychologie des moralischen

(In-)Dividuums –

 

Unsere eigenen Gefühle und Verhaltensweise erscheinen uns oft wie ein Buch mit sieben Siegeln: Wir versteigen uns etwa an den Glauben an bestimmte Ideale, obwohl uns ihre Befolgung offensichtlich nur selbst schadet. Wir fühlen uns jedoch, indem wir diesen Idealen folgen, besser als der Rest der Menschheit, der diese Ideale nicht gewählt hat und erzielen so selbst durch unsere Opfer einen psychologischen Mehrwert. Der Rest der Menschheit wird gleichzeitig dafür verurteilt, dass er eine andere Wahl als wir getroffen hat. Wir fühlen uns ihm gegenüber sogar zu sehr unmoralischen Verhaltensweisen und Empfindungen berechtigt – weil es ja die „gute Sache“ ist, für die wir streiten, während die anderen unmoralische Egoisten sind.

Solchen und ähnlichen typisch moralischen Empfindungs- und Verhaltensweisen geht Nietzsche in den beiden Werken nach, die wir in unserem Lesekreis behandeln wollen. Es geht dabei nicht nur um eine abstrakte Analyse: Durch seinen oft sehr literarischen Schreibstil will Nietzsche nicht nur den Intellekt, sondern auch die Emotion des/der Leser_in ansprechen, um eine kathartische Wirkung zu erzielen. Denn Nietzsche sieht im moralischen Fühlen und dem daraus resultierenden Handeln eines der größten Probleme unserer Kultur: Pathologien, die er therapieren möchte. Seine Leitfrage: Was ist der Wert all der hohen Werte?

Vom Problem der Moral ausgehend entfaltet Nietzsche so eine umfassende Kritik an den Grundbegriffen der abendländischen Philosophie (wie „Wahrheit“, „Freiheit“ und „Gerechtigkeit“), der er vorwirft, bisher allein der ideologischen Rechtfertigung der Moral gedient zu haben.

 

Der Plan ist, bis zur Weihnachtspause Jenseits von Gut und Böse zu diskutieren und nach der Weihnachtspause Zur Genealogie der Moral. Interessierte können also recht unkompliziert während des Semesters ein- oder aussteigen.

Der Lesekreis ist ausdrücklich für Einsteiger_innen und Fortgeschrittene gedacht!

Das erste Treffen findet am 13. Oktober 2014 in der Rotunde (IG Farben-Haus) um 18 Uhr statt. Dabei soll ein regelmäßiger wöchentlicher Termin vereinbart werden und ein grober Lektüreplan. Wer an dem Treffen nicht teilnehmen kann, verpasst also nicht arg viel und kann sich einfach, am besten unter Angabe seiner/ihrer Terminpräferenzen, per E-Mail an harp [a t ] riseup.net anmelden.

Literatur:

Primärtext zur Anschaffung:

Friedrich Nietzsche: Jenseits von Gut und Böse / Zur Genealogie der Moral. Hg. v. G. Colli und M. Montinari. DTV. Kritische Studienausgabe Bd. 5.

 

Zur Einführung in Nietzsche:

Nietzsche: Ecce homo [Autobiographie, enthält Anmerkungen zu allen Büchern von ihm selbst, daher „Geheimtipp“]

Rüdiger Safranski: Friedrich Nietzsche. Biographie seines Denkens. Hanser, München u. a. 2000.

Irvin Yalom: Und Nietzsche weinte. Btb, München 2008. [Roman, auch verfilmt.]

 

Sekundärliteratur mit Bezug zur Genealogie der Moral:

Adorno, Horkheimer: Dialektik der Aufklärung.

Gilles Deleuze: Nietzsche und die Philosophie. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 1976.

Ders.: Nietzsche. Ein Lesebuch. Merve Verlag, Berlin 1979.

Michel Foucault: Nietzsche, die Genealogie, die Historie. In: Dits et Ecrits II.