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Online-Vorlesung im SoSe 2021: Philosophische Kritik der Corona-Politik

Prof. Dr. Hans-Martin Schönherr-Mann, Univ. München

Öffentliche Vorlesung online im SoSe 2021

Philosophische Kritik der Corona-Politik

Mittwochs 20.15-21.45h 14.4.-14.7.2021

Veranstalter: Halkyonische Assoziation für radikale Philosophie

 

Die Vorlesung beleuchtet die aktuellen Geschehnisse rings um die Corona-Politik aus philosophischer Perspektive. Dabei greift sie primär auf die Philosophie des 20. und 21. Jahrhunderts zurück, vor allem auf den Existentialismus, den Poststrukturalismus und den Neomarxismus. Die Vorlesung bemüht sich um Verständlichkeit und führt daher auch in diese Philosophien en passant ein. Aber sie geht natürlich auch auf Theorien ein, die man zur Verteidigung der Corona-Politik anführen kann, also vor allem auf das Politik-Verständnis des Kronjuristen der Nazis Carl Schmitt, auf den Verteidiger der US-Politik Leo Strauss und auf den Anthropologen Arnold Gehlen, der den Menschen für herrschaftsbedürftig hält und dabei Züchtungsphantasien entwickelt. Im Vordergrund der Kritik an der Corona-Politik stehen Ausnahmezustand, die Aufhebung der Menschenrechte, die Entmündigung der Bürger im Besonderen und im Allgemeinen die Medizinisierung moderner Gesellschaften, die in eine globale Hospitalisierung führt. Nach dem US-Philosophen Michael Walzer hat die Medizin die mittelalterliche Rolle der Religion übernommen, geht es heute statt um das Seelen-, um das Körperheil. Wie die Corona-Politik vorführt, ist die Gefahr für Menschenrechte und Menschenwürde nicht mehr so sehr der globale Kapitalismus als vielmehr die globale Medizin.

 

Zur Teilnahme an der Jitsi-Konferenz mit der Möglichkeit zum Stellen von Fragen per Mikrofon und Kamera wird um vorherige Anmeldung gebeten per E-Mail an harp [at] riseup.net (oder über unser Kontaktformular).

 

Parallel werden die Vorlesungen auch auf Youtube gestreamt. Über den Stream soll man auch Fragen mittels der Chatfunktion stellen können. Die Links zu den Streams werden rechtzeitig vorher auf dieser Internetseite angekündigt. Für diese Teilnahmeoption ist keine vorherige Anmeldung erforderlich.

 

Die Streams werden alle auf Youtube aufgezeichnet (Link zur Playlist).

 

Vgl. auch das Werbevideo für unsere beiden virtuellen Veranstaltungsreihen 2021 auf Youtube (Link).

 

Programm

 

14.4. Katastrophenfall oder Ausnahmezustand: Walter Benjamins göttlicher Eingriff, Carl Schmitts Souveränitätsbegriff, Giorgio Agambens Gegensatz zwischen Ausnahme- und Rechtszustand

(Moderation: Paul Stephan)

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21.4. Die Aufhebung unveräußerlicher Menschenrechte als Wiederkehr von Michel Foucaults Disziplinardispositiv, um Spaßgesellschaft und Liberalisierung einzudämmen

(Moderation: Paul Stephan)

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28.4. Die Entmündigung törichter oder mündiger Bürger: Leo Strauss‘ Herrschaft der Gebildeten oder Camus‘, Sartres und de Beauvoirs Philosophie des Widerstandes und der Emanzipation

(Moderation: Lukas Meisner)

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5.5. Die Maske als Aufhebung individueller Verantwortung oder das in die Verantwortung rufende nackte Gesicht bei Emmanuel Lévinas: Auf welche Weise versagt aktuell die Zivilgesellschaft?

(Moderation: Paul Stephan)

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12.5. „Schränken Sie Ihre Sozialkontakte ein!“ Die Aufhebung der Menschlichkeit durch die Verhinderung von Kommunikation: Hannah Arendts Theorie des Pluralismus und der Unterschiedlichkeit der Menschen

(Moderation: Dr. Emanuel Seitz)

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19.5. Das nackte Leben als Orientierung und Mittel der Biopolitik: Giorgio Agambens Homo sacer als Ende einer Politik, die sich noch um das gute Leben bemüht

(Moderation: Paul Stephan)

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26.5. Krankheit als die große Gefahr: medizinischer Machiavellismus als mediale Politik pastoraler Furchterzeugung – Medizinische Diagnostik als religiös apokalyptische Politik der Krise

(Moderation: Xenia Wenzel)

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2.6. Die Medizin übernimmt die Rolle der Religion als biopolitische Lenkung der Gesellschaft und als modernes Disziplinardispositiv: Michel Foucaults medizingenealogische Schriften. Die Hospitalisierung der Gesellschaft und die großen Einsperrungen 20/21

(Moderation: Xenia Wenzel)

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9.6. Die Medizinisierung der Gesellschaft als neue Form sozialer und politischer Herrschaft und als patriarchale Entmündigung der Bürger: Ivan Illichs Die Nemesis der Medizin

(Moderation: Paul Stephan)

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16.6. Gastvorträge: Dr. Emanuel Seitz: Frei und steril – Wer ist der Souverän des Lebens in der Corona-Krise? & Dr. Christian Saehrendt: Was bleibt vom „Traumberuf Künstler“ im pandemischen Zeitalter?

(Moderation: Lukas Meisner)

Link zum Live-Stream (mit den Ankündigungstexten der Gastvorträge)

 

23.6. Die Herrschaft von Expertokratien über die Unwissenden. Die Verwissenschaftlichung der Welt als epistemologische, d. h. sprachliche Macht: Jacques Rancières Das Unvernehmen

(Moderation: Alexander Görlitz)

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30.6. Der Staat als Erfüllungsgehilfe der Expertokratie. Liberale und anarchistische Antworten auf die totalitären Neigungen des modernen, Medizin basierten Staates: Max Stirners Individualismus, Foucaults und Pierre Bourdieus Staatsverständnis, Richard Rortys liberale Utopie

(Moderation: Alexander Görlitz)

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7.7. Die Gefahren der totalitären Herrschaft der Medizin: Adornos autoritäre Persönlichkeit als Basis für die Herrschaft der Medizin. Der Wunsch nach Versorgung: Gilles Deleuze, Félix Guattari: Der Anti-Ödipus

(Moderation: Paul Stephan)

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14.7. Ironisierung, Metonymisierung, parodistische Wiederholung der Hospitalisierung und Medizinisierung als performative Formen des Widerstandes: Judith Butler

(Moderation: Dr. Emanuel Seitz)

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21. 7. Zusatzsitzung: Fragen & Antworten

(Moderation: Paul Stephan)

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Literaturempfehlungen

 

Theodor W. Adorno, Minima Moralia – Reflexionen aus dem beschädigten Leben (1951), Gesammelte Schriften Bd. 4, Frankfurt/M. 1997

Ders., Erziehung nach Auschwitz (1966), Stichworte – Kritische Modelle 2, Frankfurt/M. 1969

Giorgio Agamben, Homo sacer – Die souveräne Macht und das nackte Leben (1995), 10. Aufl. Frankfurt/M. 2015

Ders., Ausnahmezustand – Homo sacer II.1 (2003), Frankfurt/M. 2004

Hannah Arendt, Vita activa oder Vom tätigen Leben (1958), 11. Aufl. München, Zürich 1999

Dies., Vom Leben des Geistes – Das Wollen (1977), 2. Aufl. München 2002

Simone de Beauvoir, Für eine Moral der Doppelsinnigkeit (1947); in: dies., Soll man de Sade verbrennen? – Drei Essays zur Moral des Existentialismus, Reinbek 1997

Dies., Das andere Geschlecht – Sitte und Sexus der Frau (1949), 5. Aufl. Reinbek 2005

Walter Benjamin, Zur Kritik der Gewalt (1921) und andere Aufsätze, Frankfurt/M. 1965

Ernst Bloch, Naturrecht und menschliche Würde (1961), Frankfurt/M. 1977

Pierre Bourdieu, Über den Staat – Vorlesungen am Collège de France 1989-1992, Berlin 2014

Judith Butler, Das Unbehagen der Geschlechter (1990). Frankfurt/M. 1991

Dies., Anmerkungen zu einer performativen Theorie der Versammlung (2015), Berlin 2016

Albert Camus, Der Mythos von Sisyphos (1942), Hamburg 1959

Ders., Die Pest (1947), Reinbek 1950

Gilles Deleuze, Félix Guattari, Anti-Ödipus – Kapitalismus und Schizophrenie, Bd. 1 (1972), 2. Aufl. Frankfurt/Main 1979

Jacques Derrida, Gesetzeskraft – Der „mystische Grund der Autorität“ (1990), Frankfurt/M. 1991

Michel Foucault, Wahnsinn und Gesellschaft (1961), Frankfurt/M. 1973

Ders., Die Geburt der Klinik – Eine Archäologie des ärztlichen Blicks (1963), 7. Aufl. Frankfurt/M. 2005

Johannes Fried, Dies Irae – Eine Geschichte des Weltuntergangs, München 2016

Arnold Gehlen, Die Seele im technischen Zeitalter, Hamburg 1957

Stéphane Hessel, Empört Euch! (2010), Berlin 2011

Max Horkheimer, Theodor W. Adorno, Dialektik der Aufklärung (1947), Frankfurt/M. 1971

Ivan Illich, Die Nemesis der Medizin – Von den Grenzen des Gesundheitswesens (1975), Reinbek 1981

Emmanuel Lévinas, Ethik und Unendliches (1981), Wien 1992

Niccolò Machiavelli, Der Fürst (1513 / 1532), Wiesbaden 1980

Herbert Marcuse, Konterrevolution und Revolte (1971), Frankfurt/M. 1973

Odo Marquard, Individuum und Gewaltenteilung – Philosophische Studien, Stuttgart 2004

Pier Paolo Pasolini, Freibeuterschriften – Die Zerstörung der Kultur des Einzelnen durch die Konsumgesellschaft (1975), Berlin 1978

Jacques Rancière, Das Unvernehmen – Politik und Philosophie (1995), Frankfurt/M. 2002

Richard Rorty, Kontingenz, Ironie und Solidarität (1989), Frankfurt/M. 1992

Jean-Paul Sartre, Die Fliegen (1943), Gesammelte Dramen, Hamburg 1969

Ders., Der Existentialismus ist ein Humanismus (1945), Gesammelte Werke Philosophische Schriften I, Bd. 4, Reinbek 1994

Carl Schmitt, Politische Theologie – Vier Kapitel zur Lehre von der Souveränität (1922), 3. Aufl. Berlin 1979

Ders., Der Begriff des Politischen (1932), Berlin 1963

Hans-Martin Schönherr-Mann, Sartre – Philosophie als Lebensform, C.H. Beck, München 2005

Ders., Untergangsprophet und Lebenskünstlerin – Über die Ökologisierung der Welt, Matthes & Seitz, Berlin 2015

Ders. Michel Foucault als politischer Philosoph, Innsbruck University Press 2018

Ders., Arendt als politische Philosophin, μετωνυμίες VII, BoD, Norderstedt 2020

Ders., Friedrich Nietzsche – Leben und Denken, Verlag Römerweg, Wiesbaden 2020

Max Stirner, Der Einzige und sein Eigentum (1844), Freiburg/München 2009

Leo Strauss, Naturrecht und Geschichte (1953), Frankfurt/M. 1977

Michael Walzer, Sphären der Gerechtigkeit (1983), Frankfurt, New York 1992

 

Kurzvita

Hans-Martin Schönherr-Mann, Professor für politische Philosophie am Geschwister-Scholl-Institut der Uni München; regelmäßiger Gastprof. an der Uni Innsbruck; weitere Gastprofessuren an der Univ. Turin, an der Venice International University, an den Universitäten von Eichstätt, Regensburg, Passau. Thematisch beschäftigt er sich mit dem Begriff der Involution als Politische Philosophie der Zivilgesellschaft wie der partizipatorischen Demokratie im Anschluss an Hannah Arendt, Jean-Paul Sartre, Simone de Beauvoir, Michel Foucault, Jacques Derrida, Richard Rorty und Judith Butler sowie mit den Themenbereichen Bildung und Politik, Existentialismus und Poststrukturalismus.

Neuere Buchpublikationen: Dekonstruktion als Gerechtigkeit – Jacques Derridas Staatsverständnis und politische Philosophie, Nomos Baden-Baden 2019 ; Gewalt, Macht, individueller Widerstand – Staatsverständnisse im Existentialismus, Nomos Baden-Baden 2015; Albert Camus als politischer Philosoph, IUP Innsbruck 2015; Was ist politische Philosophie? Campus Verlag, Reihe Studium, Frankfurt/M., New York 2012; Die Macht der Verantwortung, Verlag Karl Alber – Hinblick, Freiburg, München 2010; Der Übermensch als Lebenskünstlerin – Nietzsche, Foucault und die Ethik, Matthes & Seitz, Berlin 2009; Simone de Beauvoir und das andere Geschlecht, dtv München 2007

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