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Achim Szepanski – Ein kleiner Nachruf

Vor etwa einem Monat, am 22. 9., verstarb der Frankfurter Technoproduzent, Autor und Theoretiker Achim Szepanski. Wir von der HARP organisierten mehrere Vorträge mit ihm und er publizierte mehrere Artikel in der Narthex. Er war ein radikaler Geist, dessen Grundimpuls die Abschaffung aller repressiven Strukturen war. In der Chronik unserer Assoziation wird er stets einen Ehreneintrag behalten.

Eos-Preis 2024: Was ist der philosophische Kern (neu-)rechten Denkens? Wie lässt er sich fundiert kritisieren?

Eos-Preis für philosophische Essayistik 2024

Was ist der philosophische Kern (neu-)rechten

Denkens?

Wie lässt er sich fundiert kritisieren?

Der jüngste Aufstieg rechtspopulistischer bis faschistischer Parteien in großen Teilen der westlichen (und auch nichtwestlichen) Welt hat eine Vielzahl von Bemühungen darum provoziert, dieses neu-alte Phänomen zu verstehen und zu kritisieren. Oft bleiben die Kritiken jedoch in oberflächlichen Moralisierungen stecken und die theoretischen Analysen greifen auf entsprechend banalisierende Schemata zurück. Es findet keine wirkliche Auseinandersetzung mit dem rechten Denken und Tun statt, sondern diese werden als „die ganz Anderen“ aus dem Arsenal der Moderne, des Kapitalismus und der Demokratie verabschiedet, als seien sie nicht auf eben diesem Boden gewachsen. Das Resultat ist ein „hilfloser Antifaschismus“ (W. F. Haug), der mehr auf die soziale Distinktion weiter Teile des liberalen Bürgertums abzuzielen scheint als auf eine wirkliche Ursachenbekämpfung der Faschisierungstendenzen. Die gesellschaftliche Polarisierung nimmt indes immer weiter zu, je weiter die Mitte der Gesellschaft selbst nach rechts rückt – und längst bleibt die Gewalt nicht bloß verbal.

In einer solchen Lage ist mehr denn je eine eingreifende Philosophie gefragt, neue Perspektiven aufzuzeigen, um ein tieferes Verständnis der Inhalte (neu-)rechten Denkens und Tuns zu bewerkstelligen, die ideengeschichtliche wie auch soziologische Herkunft dieser Denk- und Handelsweisen zu analysieren und so eine überzeugende Kritik derselben zu ermöglichen. Die Philosophie steht dem rechten Denken dabei nicht geschlossen äußerlich gegenüber, sondern es gibt fraglos eine selbst rechte Philosophie, die es auf ihre Kerngehalte kritisch zu befragen gilt, ohne dass irgendeine Philosophie sich idealistisch aus dem Raum des Historisch-Materiellen lösen ließe.

Die Halkyonische Assoziation für radikale Philosophie und das Buser World Music Forum suchen in diesem Jahr nach Essays, die sich durch ihr denkerisches, stilistisches und gesellschaftskritisches Niveau auszeichnen und denen es zugleich gelingt, zu einem breiteren Publikum zu sprechen. Sie sollen sich der doppelten Frage widmen: „Was ist der philosophische Kern (neu-)rechten Denkens? Wie lässt er sich fundiert kritisieren?“. Wir freuen uns sowohl über Artikel, die sich diesen Fragen aus einer historisierenden Perspektive nähern, als auch über solche, die den Fokus direkt auf die gegenwärtige Situation legen.

Die Essays müssen in deutscher Sprache verfasst sein und dürfen eine Länge von 16.500 Zeichen (inkl. Leerzeichen) nicht überschreiten. Weder Fußnotenapparat noch Literaturverzeichnis sind erforderlich; in jedem Fall sollten die Nachweise kurz und knapp gehalten werden. Bereits anderweitig publizierte Texte sind nicht zugelassen.

Die Jury besteht aus Vertretern beider Institutionen. Die drei besten Artikel werden in der nächsten Ausgabe der Zeitschrift Narthex. Heft für radikales Denken veröffentlicht und mit Preisen von 500 € (1. Platz), 300 € (2. Platz) und 200 € (3. Platz) prämiert.

Die Texte sind als PDF- und Word-Datei bis zum 31. Juli 2024 an eos-preis [at] mail.de zu senden. Die Datei sollte komplett anonymisiert, die Kontaktdaten des Einsenders in einem separaten Dokument enthalten sein. An diese E-Mail-Adresse können auch gerne Rückfragen gerichtet werden.

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

 

Link zur Kurzversion der Ausschreibung als PDF

Narthex 8 erschienen: „Was müssen wir hoffen? Ernst Bloch und die Utopie“

Nach einer längeren Wartezeit ist es wieder soweit: Eine neue Ausgabe unserer Zeitschrift Narthex. Heft für radikales Denken ist erschienen. Die achte Ausgabe steht ganz im Lichte der Philosophie des tätigen Hoffens Ernst Blochs und versammelt zehn Artikel, die sich mit Blochs Denken selbst und seinen Schlüsselbegriffen „Utopie“ und „Hoffnung“ auseinandersetzen, sowie von seinem Hauptwerk Das Prinzip Hoffnung inspirierte Zeichnungen der Künstlerin Pia-Christina Stephan. Wir sind davon überzeugt, dass angesichts der gegenwärtigen sozialen Krisen und der relativistischen Kapitulation des Denkens eine Besinnung auf Blochs Philosophie wichtiger denn je ist.

Wie gewohnt, beinhaltet das Heft die Siegeressays des vergangenen Eos-Preises. Es dokumentiert zudem unsere Tagung gleichen Namens, die im Oktober 2022 in Leipzig stattfand. Die Zeitschrift kann für 15 € direkt bei uns, über unseren Booklooker-Shop, über ausgewählte Buchhandlungen sowie unseren neuen Vertriebspartner Westend bezogen werden. Mehr Informationen dazu finden sich hier. Wir freuen uns insbesondere über die Kooperation mit diesem renommierten Wissenschafts- und Sachbuchverlag.

Man kann hier das das komplette Inhaltsverzeichnis sowie dort das Editorial einsehen.

Wir bedanken uns bei allen Autoren, Förderern und Unterstützern, ohne die die Realisierung dieses besonderen Heftes nicht möglich gewesen wäre.

10 Jahre HARP – die große Jubiläumsumfrage

Unsere Vereinigung besteht seit mittlerweile zehn Jahren. Zeit, einmal ganz „halkyonische“ innezuhalten sich zu fragen: Was passiert in dieser langen Zeit eigentlich? Was lief gut, was nicht? Und was wollen wir in Zukunft machen? Unterstützt uns bei diesem Reflexionsprozess gerne, indem ihr an unserer großen Jubiläumsumfrage teilnehmt. Euer Feedback werden wir bei der Planung unserer künftigen Arbeit berücksichtigen – und ihr könnt zudem einen Preis gewinnen.

Neues Projekt online: Nietzsche POParts

Unter dem Namen Nietzsche POParts. Zeitgemässer Blog zu den Erkenntnissen Friedrich Nietzsches betreiben wir ab sofort ein neues Online-Projekt. Im Geiste radikalen Denkens möchte der Blog die aktuelle Relevanz von Nietzsches Philosophie ausloten und dabei akademische Nietzsche-Forschung mit gesellschaftskritischer Popularphilosophie verbinden. Geleitet wird der Blog von Paul Stephan und auch zahlreiche andere „alte Bekannte“ wie Hans-Martin Schönherr-Mann, Lukas Meisner und Michael Meyer-Albert gehören zu den Autoren, aber auch einige neue Gesichter. Das großartige Layout stammt von Linus Rupp, der künftig auch die Narthex gestalten wird. Ermöglicht wird das Projekt durch die großzügige Unterstützung des Schweizer Vereins Buser World Music Forum. Werft gerne einen Blick hinein und entdeckt die Vielfalt und Brisanz von Nietzsches „fröhlicher Wissenschaft“.

Spenden und Sonderangebote zum Jahreswechsel

Liebe Freundinnen und Freunde der HARP,

alle Jahre wieder bitten wir euch um einen Moment eurer Aufmerksamkeit, um euch zu überlegen, ob ihr nicht ein paar Euro als Unterstützung für unsere ehrenamtliche Arbeit im Sinne der radikalen Philosophie übrig habt. Um auch weiterhin ohne die Förderung großer Institutionen auszukommen und unabhängig für ein gesellschaftskritisches Denken abseits des Mainstreams einstehen zu können. Konkret benötigen wir das Geld insbesondere für die Fertigstellung der Narthex 8, die sich mit Ernst Blochs Konzept des utopischen Hoffens beschäftigen wird, und die Anfang 2024 erscheinen soll, sowie für die laufenden Kosten für unsere Internetangebote.

Spendet uns gerne über Paypal oder direkt per Kontoüberweisung. Die Daten findet ihr hier.

Wir unterbreiten euch im Gegenzug folgende bis zum 6. 1. 2024 limitierte Sonderangebote auf Direktbestellungen, die uns per E-Mail erreichen:

  • Bestellt die kommende Narthex für nur 12 € vor und bezahlt sie jetzt, dann liefern wir sie euch bei Erscheinen direkt zu, Lieferung frei Haus. (Der finale Heftpreis steht noch nicht fest.)
  • Alle bis dahin eingehenden Bestellungen liefern wir frei Haus.
  • Erfragt gerne, ob wir Mängelexemplare einer unserer Publikationen vorrätig haben und wir liefern sie euch mit 50 % Rabatt.

Wir wünschen euch inspirierende halkyonische Tage und einen guten Start in das neue Jahr!

Eure Eisvögel

 

Nach Nirgendwo?! – Podiumsdiskussion am 9. 12. um 18 Uhr im Pöge-Haus in Leipzig

Ausschnitt aus dem Veranstaltungsbild von Robert Linke.

Nach Nirgendwo?!

Utopie und Pessimismus in der Linken

Podiumsdiskussion mit Hans-Martin Schönherr-Mann und Alexander Neupert-Doppler am 9. 12. um 18 Uhr im Pöge-Haus (Hedwigstraße 20) in Leipzig

Angesichts der gravierenden politischen und ökologischen Verwerfungen der Gegenwart ist eine auffallende Konjunktur des Themas „Utopie“ zu beobachten. Die Sehnsucht nach einer radikal anderen Gesellschaft wächst; einer Gesellschaft, die im doppelten Sinne befriedet wäre: In der es keine Kriege mehr gäbe und keinen permanenten Kriegszustand zwischen Mensch und Natur. Zugleich wird dieses Verlangen kaum politisch konkret. In der emanzipatorischen Bewegung dominiert eher eine Mutlosigkeit in Sachen Utopie, man belässt es meist bei tagesaktuellen Empörungen und reformistischen Verbesserungsvorschlägen, obwohl man eigentlich weiß, dass angesichts des sich beschleunigenden Zusammenbruchs der gegenwärtigen Weltordnung die Forderung nach dem „ganz Anderen“ eigentlich ein Gebot der moralischen Verantwortung wie des politischen Realismus gleichermaßen wäre. Ist es nicht erst die Orientierung hin auf den Nicht-Ort, die es uns ermöglicht, einen politischen Standpunkt gegenüber der Unübersichtlichkeit der Gegenwart zu beziehen? Was hindert uns daran, den linken Pessimismus zu überwinden und hoffnungsfroh für eine grundsätzlich andere Welt einzutreten? Und worin liegt die Bedeutung von Utopien für den tagespolitischen Kampf? Oder ist es ganz im Gegenteil zu begrüßen, dass die linken Kräfte den „fixen Ideen“ und dem „Utopismus“ weitgehend abgeschworen haben? Zu diesen Fragen möchten wir mit den Philosophen Hans-Martin Schönherr-Mann und Alexander Neupert-Doppler – und euch – ins Gespräch kommen.

Die Veranstaltung wird auch auf Youtube live gestreamt (Link zum Stream).

Mit freundlicher Unterstützung der Sternburg-Brauerei.

Hans-Martin Schönherr-Mann ist Professor für politische Philosophie an der LMU München. Für die HARP hielt in den letzten Jahren drei Vorlesungsreihen zur „Philosophischen Kritik der Corona-Politik“ (Link) und veröffentlichte bei uns 2022 die dazugehörige Broschüre Medizin als göttliche Gewalt. Philosophische Kritik der Corona-Politik (Link). Zahlreiche Monographien zu verschiedensten Aspekten der politischen Philosophie des 19. und 20. Jahrhunderts liegen vor.

Alexander Neupert-Doppler ist Politikwissenschaftler und Philosoph. Die Utopie-Forschung gehört zu seinen Schwerpunktthemen. U.a. erschien von ihm 2015 der Band Utopie. Vom Roman zur Denkfigur (Stuttgart 2015) und Ökosozialismus. Eine Einführung (Wien 2022). Er publizierte zahlreiche weitere Monographien zu unterschiedlichen Aspekten linker Theoriebildung.

„Medizin als göttliche Gewalt“ wieder lieferbar!

Das Warten hat ein Ende: Die Broschüre Medizin als göttliche Gewalt von Hans-Martin Schönherr-Mann ist nun wieder lieferbar und kann zu einem Preis von 12,50 € zzgl. Porto bei uns bestellt werden. Die zwischenzeitlich bestellten Exemplare werden wir umgehend versenden. Alle Informationen.

Ergebnis des Eos-Preis 2022

Wir freuen uns, die Gewinner des jüngsten Eos-Preises für philosophische Essayistik verkünden zu dürfen zur Preisfrage „Was müssen wir hoffen?“ (Link zur Ausschreibung). Sie lauten:

1) Bastian Klug: Hoffnung als Gebot. Über die Rolle der Hoffnung im Konzentrationslager

2) Dirk Stemper: Die Elpistiker-Manifeste

3) Viet Anh Nguyen Duc: Die Hoffnung stirbt als letzte

Wir gratulieren sehr herzlich und danken auch allen anderen Einsendern für die zahlreich interessanten Einreichungen.

Man wird die drei Gewinneressays in der kommenden Ausgabe der Narthex nachlesen können.

Eine weitere, nicht ausgezeichnete, Einreichung in Gestalt der Aphorismensammlung Verteidigung der Romanik des Hoffens von Jonas Pohler haben wir bereits auf dem HARPblog publiziert (Link).

 

 

Hegel kontra „Papa Staat“

Anstatt wie in der Vergangenheit so häufig unsere Seriosität mit einem Aprilscherz zu riskieren, erfreuen wir in diesem Jahr die Welt mit einem entlegenen Zitat aus einer Nachlassnotiz Georg Wilhelm Hegels, die eine oft vergessene Seite seiner vielfach als staatsfanatisch und humurfeindlich (miss)verstandenen Philosophie akzentuiert, und das einfach perfekt zum „Tag der Narren“ passt:

Der Heiligkeit des Staates gegenüber ist der Einzelne nur ein Gefäss der Unehre, in welchem »Übermut, Böswilligkeit, Spott- und Schmähsucht, Frivolität usw.« übrigbleiben, sobald er jenes Heiligtum, den Staat, nicht anerkennenswert findet. Der geistliche Hochmut der Staats-Diener und Staats-Untertanen hat köstliche Strafen gegen den ungeistlichen »Übermut«.
Wenn die Regierung alles Spiel des Geistes gegen den Staat als strafbar bezeichnet, so kommen die gemässigten Liberalen und meinen: Laune, Satire, Witz, Humor usw. müssten doch sprudeln dürfen, und das Genie müsse Freiheit geniessen. Also zwar nicht der einzelne Mensch, aber doch das Genie soll frei sein. Ganz in seinem Rechte sagt da der Staat, oder im Namen desselben die Regierung: Wer nicht für mich ist, ist wider mich. Die Laune, der Witz usw., kurz die Komödierung des Staatswesens hat die Staaten von jeher untergraben: sie ist nicht »unschuldig«. Und ferner, welche Grenzen sollen zwischen schuldigem und unschuldigem Witze usw. gezogen werden? Die Gemässigten kommen bei dieser Frage in grosse Verlegenheit und es reduziert sich Alles auf die Bitte, der Staat (Regierung) möge doch nicht so empfindlich, so kitzlig sein; er möge in »harmlosen« Dingen nicht gleich Böswilligkeit wittern und überhaupt ein wenig »toleranter« sein. Übertriebene Empfindlichkeit ist allerdings eine Schwäche, ihre Vermeidung mag eine lobenswerte Tugend sein; allein in Kriegszeiten kann man nicht schonend sein, und was unter ruhigen Verhältnissen verstattet sein mag, hört auf erlaubt zu sein, sobald der Belagerungszustand erklärt ist. Weil dies die wohlmeinenden Liberalen wohl fühlen, so beeilen sie sich zu erklären, dass ja bei der »Ergebenheit des Volkes« keine Gefahr zu fürchten sei. Die Regierung wird aber klüger sein und sich so etwas nicht einreden lassen. Sie weiss zu gut, wie man einen mit schönen Worten abspeist, und wird sich an diesem Schaugerichte nicht genügen lassen.
Man will aber seinen Spielplatz haben, denn man ist ja ein Kind und kann nicht so gesetzt sein, wie ein Alter: Jugend hat keine Tugend. Nur um diesen Spielplatz, nur um ein paar Stunden lustigen Umherspringens feilscht man. Man verlangt nur, der Staat solle nicht, wie ein griesgrämlicher Papa, allzu mürrisch sein. Er solle einige Esels-Prozessionen und Narrenspiele erlauben, wie im Mittelalter die Kirche sie gestattete. Die Zeiten aber, wo er dies ohne Gefahr gewähren konnte, sind vorüber. Kinder, die jetzt einmal ins Freie kommen, und eine Stunde ohne Zuchtrute verleben, wollen nicht mehr in die Klause. Denn das Freie ist jetzt nicht mehr eine Ergänzung zur Klause, nicht eine erfrischende Erholung, sondern sein Gegensatz, ein aut – aut. Kurz der Staat darf sich entweder nichts mehr oder er muss sich Alles gefallen lassen und zu Grunde gehen; er muss entweder durchaus empfindlich, oder, wie ein gestorbener, unempfindlich sein. Mit der Toleranz ist’s aus. Reicht er erst den Finger, so nimmt man gleich die ganze Hand. Da ist nicht mehr zu »spassen«, und aller Spass, wie Laune, Witz, Humor usw. wird zum bittern Ernst.
Das Geschrei der »Freisinnigen« um Pressfreiheit läuft gegenihr eigenes Prinzip, ihren eigentlichen Willen. Sie wollen, was sie nicht wollen, d.h. sie wünschen, sie möchten gern. Daher fallen sie auch so leicht ab, wenn einmal sogenannte Pressfreiheit erscheint, dann möchten sie Zensur. Ganz natürlich. Der Staat ist auch ihnen heilig, ebenso die Sitte usw. Sie betragen sich nur als ungezogene Bälge gegen ihn, als pfiffige Kinder, welche die Schwäche der Eltern zu benutzen suchen. Der Papa Staat soll ihnen erlauben, Manches zu sagen, was ihm nicht gefällt, aber der Papa hat Recht, ihnen durch einen strengen Blick einen Zensurstrich in ihr vorlautes Gewäsch zu ziehen. Erkennen sie in ihm ihren Papa, so müssen sie sich in seiner Gegenwart die Zensur der Rede gefallen lassen, wie jedes Kind.

(Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Nachgelassene Schriften Bd. 15: 1829-1831. Hg. v. Johann Caspar Schmidt. Frankfurt a. M. 1982, S. 90 f.)