Aufgrund der großzügigen Förderung eines anonymen Mäzens sind wir schon, bevor die Arbeit an der fünften Ausgabe der Narthex ganz abgeschlossen ist, in der Lage, einen ersten Einblick in die ebenfalls schon weit fortgeschrittene sechste Nummer zu geben. Wir sind stolz, dass dieses Mal ausnahmsweise kein toter weißer Mann, sondern eine quicklebendige weise Frau mit iranischen Wurzeln im Fokus stehen wird: Sahra Wagenknecht, die wir für die bedeutendste kritische Theoretikerin der Gegenwart halten.
Hier ein erster Einblick in die bislang feststehenden Artikel – weitere Anfragen wurden bereits gestellt.
Coverentwurf zum ersten Teilheft der Narthex 6.
Das Heft wird dieses Mal aus zwei jeweils etwa 120 Seiten starken Einzelnummern besten. Das erste Teilheft wird sich ganz Sahra Wagenknecht selbst widmen. Wir hatten die Gelegenheit, über mehrere Tage hinweg einen Dialog mit ihr zu führen, den wir in voller Länge abdrucken werden. Von Thales bis Meillassoux gehen wir gemeinsam mit ihr die gesamte Philosophiegeschichte durch und befragen sie zu ihrem Urteil zu den bedeutendsten Figuren. Sie gibt sich dabei als Kennerin nicht nur der europäischen Philosophie zu erkennen, sondern auch der arabischen. Ihre politische Theorie sei nicht nur stark von Marx und Hegel beeinflusst – im Hintergrund stehe stets die Metaphysik Avicennas. Um ihn besser zu verstehen, habe sie sogar angefangen, Arabisch zu lernen, und übe es fleißig mit einem Tandempartner, der aus Syrien geflüchtet ist. Sie plane ihren Rückzug aus der Politik, den sie u. a. dazu nutzen will, an einer anstehenden Neuübersetzung der Werke Avicennas mitzuwirken, deren oftmals sublimer gesellschaftskritischer Gehalt von den bisherigen Versuchen in diese Richtung oftmals unterschlagen werde. Noch wichtiger sei ihr jedoch, an ihrem magnum opus zu arbeiten, einer auf drei Bände angelegten Analyse des gegenwärtigen Gesellschaftssystems. Gebannt lauschten wir ihren oftmals mehrstündigen Monologen, die sich um sämtliche Grundfragen unserer Zeit drehten. Während sie in ihren bisherigen Schriften teilweise noch oberflächlich blieb, will sie ihre politischen Ansichten nun, wie sie selbst sagt, auf ein „metaphysisches Fundament stellen, dass eine Synthese aus Avicenna und einem von Marx belehrten Hegel“ darstellt. Es würde an dieser Stelle zu weit führen, die Ansätze ihres bahnbrechenden Denksystems bereits jetzt vorwegzunehmen. Es sei hier nur so viel verraten: Es handelt sich um eine umfassende Neubegründung der kritischen Theorie, die auch die linke Praxis auf ein völlig neues Niveau zu heben verspricht. Fortan gilt mehr denn je: Mit Wagenknecht siegen – gegen Wagenknecht untergehen. Mit dieser Philosophie im Rücken trotzen wir, tapfer voranstürmend, Neoliberalismus, regressiver Linken und Neuer Rechten! Es kann nun keinen Raum für Abweichung mehr geben!
Im zweiten Teilband des Heftes werden wir dann – auch wenn sie im Grunde unnötig sind – einige erläuternde Kommentare zu Wagenknechts Überlegungen abdrucken. Wie gewohnt werden wir auch kritische Stimmen zulassen, solange sie eine gefestigte wagenknechtianische Grundhaltung erkennen lassen.
(Continued)